Die Beschäftigung mit der „dunklen Seite“ des menschlichen Wesens ist wohl nicht nur eine Frage von Perversion und Abartigkeit. In erster Linie denkt wohl jeder Mensch dabei zuerst an sexuelle Fremdartigkeit, aber ist diese „dunkle Seite“ im Menschen nicht vielmehr eine Geisteshaltung? Eine Einstellung, die gedankliche Überzeugung…
Wie etwa die Schwarzromantik, die eine melancholisch resignative Grundstimmung zum Ausdruck bringt. Empfehlenswert zu lesen sind da Baudelaires „Les Fleurs du mal„. Die Frage ist nur, ob diese Haltung sozusagen angeboren ist oder angelernt. Wird diese Geisteshaltung durch unsere Erfahrungen noch verstärkt?
Ist es falsch eine schwermütige seelenwunde Lebenseinstellung zu haben, wenn die Seele immer wieder aufs Neue verletzt wird? Wenn die Hoffnungen sich auf ein Mindestmaß reduziert haben, um (über)leben zu können? Das bedeutet schliesslich nicht, dass man nur mit herunterhängenden Lippen durch das Leben geht. Es ist definitiv besser die Erwartungen fahren zu lassen und die Widrigkeiten des Lebens einfach hinzunehmen. Wann kann eine Seele die Verletzungen nicht mehr heilen die ihr zugefügt wurden? Ohne Erwartungen und Hoffnungen gibt es auch keine Enttäuschung.
In diesem Sinne:
Mein Kinderland war voll Gewittertagen,
Nur selten hat die Sonne mich gestreift,
Und so viel Bluten hat der Blitz zerschlagen,
Dass wenig Früchte nur mein Garten reift.
Nun kommt der Herbst, – ich muss zur Harke greifen,
Die Erde sammeln, die verwüstet schlief,
In die der Regen Risse grub und Streifen
Und manche Holde wie ein Grab so tief.
Doch ob den Blumen, die erhofft mein Träumen,
In dieses wild zerwühlten Ackers Räumen
Die Wundernahrung wird voll Glut und Kraft?
O Schmerz! die Zeit trinkt unsren Lebenssaft,
Der dunkle Feind, der uns am Herzen zehrt
Und sich von unsrem Blute stärkt und mehrt!
(Baudelaire- Der Feind, Les Fleurs du mal)